Gefahr von rechts ist auch „feminin“
Ein Beitrag von Ruth Lange (Text) und Claudia Diller (Fotos) vom 09. März 2023
Über 30 Zuhörer*innen waren begeistert von dem ausgesprochen informativen und unter die Haut gehenden Vortrag der vielfach ausgezeichneten Journalistin und Politologin Andrea Röpke. Eingeladen dazu hatte das Bündnis „Wir in Dorsten gegen Rechts“ am vergangenen Mittwoch in den neu gestalteten Raum des franz*.
Anlässlich des Weltfrauentages wollte das Bündnis mehr über das Frauenbild der neuen rechten Szene und die Beteiligung durch Frauen an rechtsextremer Gewalt erfahren.



Seit vielen Jahren untersucht Andrea Röpke genau diese Problematik. Sie hat dazu die verschiedensten Bücher und Veröffentlichungen geschrieben, ist also ausgewiesene Expertin. Mit ihrem Vortrag weckte sie den Spürsinn des Publikums u.a. für die zunehmende Demokratiemüdigkeit in der Gesellschaft oder für den lauter werdenden Ruf nach einer starken Persönlichkeit, die das Land regieren soll.
Sie zeigte deutlich auf, dass „Frauenbünde“, so wie die gesamte rechte Szene, die „Sozialen Medien“ längst als Plattform erobert und sich wunderbar vernetzt haben. Tatsachen, die große Teile der Bevölkerung einfach verschlafen haben bzw. ignorieren.
Influencerinnen der rechten Szene, wie z.B. Freya Honold oder Reinhild Boßdorf, propagieren, blond und blauäugig, ein sehr wertekonservatives Familienbild. Die Frau wird wieder zum „Heimchen am Herd“ herabgesetzt; sie meinen, die „Tugenden der Weiblichkeit“ zu kennen. Sie haben enorm viele „Follower“ und „likes“. Gendern ist für sie, wie für die gesamte Szene, „die politische Geschlechtseinebnung durch den Staat“.
Erschreckend sei auch, so Andrea Röpke, dass die Hemmschwelle der bürgerlichen Mitte immer weiter sinkt, sich an Demonstrationen zu beteiligen, zu denen Rechtsextreme, Coronaleugner, militante Impfgegner und/oder Reichsbürger aufrufen. Bei diesen Demonstrationen gehört Gewalt, auch für die beteiligten Frauen, zur Normalität.



Bedrohlich ist, dass es den Rechten inzwischen gelingt, durch den Kauf von Gebäuden, eigene Dörfer (z.B. Föckinghausen/Sauerland) zu errichten. Sie schleichen sich, initiiert von Frauen, durch Gründung von eigenen Schulen ins Bildungssystem ein. Durch geschickte Manipulation der entsprechenden Anträge, wird es der Schulaufsicht erschwert, einzugreifen.
Fazit: Wir müssen alle sehr wachsam sein und bleiben, das lehrt uns unsere Geschichte. Wir müssen, wann immer nötig, aufstehen und deutlich machen, dass es zu unserer Demokratie und zu unseren Werten keine Alternative gibt.
Das Bündnis „Wir in Dorsten gegen Rechts“ steht dazu.
Niemals vergessen
Ein Beitrag von Gisela Hötten-Löns vom 19. Februar 2023
Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar und Kaloyan Velkov.
Am Abend des 19. Februar 2020 wurden sie innerhalb von sechs Minuten an mehreren Tatorten in Hanau von einem 43-jährigen erschossen – aus rassistischen Motiven. Sechs weitere Menschen wurden bei der auf den Zeitraum zwischen 21:55 Uhr und 22:01 Uhr datierten Tat verletzt – teils schwer. Anschließend kehrte der Täter in sein ebenfalls in der Stadt gelegenes Elternhaus zurück. Dort tötete er seine Mutter und sich selbst.

Das Bundeskriminalamt (BKA) kam ebenso wie die Bundesanwaltschaft zu dem Ergebnis, dass der Deutsche einer rechtsextremen Ideologie anhing, seine Opfer nach rassistischen Kriterien ausgewählt hatte und sich an früheren rechtsextremen Anschlägen orientiert habe.
Die Bundeszentrale für politische Bildung berichtet, dass allein von 2016 bis September 2021 rechtsextreme Täter 22 Menschen in Deutschland töteten. NGOs und Opferinitiativen gehen von einer wesentlich höheren Zahl aus – nicht alle werden rassistischen Motiven richtigerweise zugeordnet und somit nicht registriert.
Für die Angehörigen der Opfer vom 19. Februar 2020 ist dieser bevorstehende dritte Jahrestag ein besonderer und ein besonders trauriger Tag. Wir als Gesellschaft müssen ihnen zeigen: Wir vergessen nicht, wir stehen zusammen! Der Anschlag traf uns alle und wir sind alle aufgefordert, für Toleranz und Menschenwürde aufzustehen. Rechte Hetze, Hass und Gewalt haben in Hanau keinen Platz, sie dürfen nirgends Raum haben.
Das Bündnis „WIR IN DORSTEN GEGEN RECHTS“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen zu zivilgesellschaftlichem Engagement für Demokratie und Toleranz, gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus zu ermutigen, an sie zu appellieren, Grenzen der Toleranz wie Hass, Hetze, Ausgrenzung, aufzuzeigen.
Es darf kein Vergessen geben. Ein einfacher Satz. Es ist ein Satz, der uns verbindet. Hinter seiner Einfachheit verbergen sich die Geschichten und Erfahrungen Unzähliger. Die Aufforderung, die Erinnerungen an das Geschehene, an das Vergessene, an das stets Verschwiegene, an die Ursachen und die Folgen, an das Davor und Danach zu nähren, zu pflegen, zu bewahren. Diese Erinnerungen müssen zur Erinnerung aller werden. Denn sie mahnen uns, sie lehren uns, sie leiten uns. Dieser einfache Satz verpflichtet uns:
Es darf kein Vergessen geben.
Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage
Ein Beitrag von Claudia Diller vom 10. Januar 2023
Endlich war es soweit! Ich durfte an der feierlichen Siegelverleihung zur „SCHULE OHNE RASSISMUS – SCHULE MIT COURAGE“ an der Willy-Brandt Gesamtschule in Marl teilnehmen. Sie ist jetzt eine von über 1060 eines Netzwerkes von „Courage-Schulen“ in NRW, dem auch einige Schulen in Dorsten angehören.
Das es zur Siegelverleihung kam, ist dem Engagement einer Gruppe von Schüler*innen zu verdanken. Mit Feuereifer hatten sie sich daran gemacht die Idee und die Inhalte einer „Courage-Schule“ in der Schule zu verbreiten.
Es ging ihnen darum ein deutliches Zeichen gegen jede Art von Diskriminierung, Mobbing, Gewalt und Rassismus zu setzen und die Schulgemeinschaft zu stärken.
Um ihr Ziel „Courage-Schule“ zu erreichen war es notwendig, mindestens 70% der gesamten Schulgemeinschaft für diese Idee zu gewinnen. Mit zahlreichen Aktionen verbreiteten sie die Idee und sammelten schließlich 1011 Unterschriften. Jeder, der seine Unterschrift leistete, unterschrieb damit eine sogenannte „Selbstverpflichtung“:
- Ich setze mich dafür ein, dass meine Schule nachhaltige Projekte, Aktionen und Veranstaltungen durchführt, um Diskriminierungen, insbesondere Rassismus, zu überwinden.
- Wenn an meiner Schule Gewalt, diskriminierende Äußerungen oder Handlungen ausgeübt werden, dann wende ich mich dagegen, spreche dies an und unterstütze eine offene Auseinandersetzung, damit wir gemeinsam Wege finden, einander respektvoll zu begegnen.
- Ich bin aktiv, damit meine Schule jedes Jahr Projekte gegen alle Formen von Diskriminierung, insbesondere Rassismus, durchführt. (schule-ohne-rassismus.org/netzwerk/courage-schulen)
Die „Selbstverpflichtung“ macht deutlich, dass der Titel „SCHULE OHNE RASSISMUS – SCHULE MIT COURAGE“ kein Preis oder eine Belohnung für vergangene Projekte darstellt, sondern die Verpflichtung beinhaltet, in Zukunft gegen Rassismus, Antisemitismus, Homophobie, Frauenfeindlichkeit und jegliche Formen von Diskriminierung aktiv vorzugehen.
So schrieben die Schüler*innen abschließend auf einem Plakat: „In unserer heutigen Zeit ist einfach kein Platz für so etwas, denn jeder Mensch ist auf seine eigene Art einzigartig und perfekt.“
Die Patin, Mona Ameziane, die für das Projekt gewonnen werden konnte, verkörpert in besonderer Weise dessen Inhalte.
Das Bündnis „WIR IN DORSTEN GEGEN RECHTS“ formuliert in seinen Grundsätzen ähnliche Vorstellungen. Zielt „SCHULE OHNE RASSISMUS – SCHULE MIT COURAGE“ zunächst auf die entsprechende Schulgemeinschaft mit der Hoffnung auf gesamtgesellschaftliche Auswirkungen, so formt der Einsatz „für Toleranz und Demokratie, gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus“ das Selbstverständnis von „WIR IN DORSTEN GEGEN RECHTS“. Das Handeln des Bündnisses ist sowohl „… auf ein demokratisches, solidarisches Miteinander in der Stadt Dorsten und darüber hinaus ausgerichtet…“.
Beide Initiativen „WIR IN DORSTEN GEGEN RECHTS“ und „SCHULE OHNE RASSISMUS – SCHULE MIT COURAGE“ verfolgen das Ziel die Aussagen des Grundgesetztes in lebendiges Handeln zu verwandeln.